Aufbau von Bio-Wertschöpfungsketten in der Außer-Haus-Verpflegung

Aufbau von Bio-Wertschöpfungsketten in der Außer-Haus-Verpflegung

Xaver Amler ist seit Anfang 2024 als Wertschöpfungskettenmanager beim Bio-Großhändler EPOS Bio Partner Süd in Pliening dafür zuständig, mehr regionale Bio-Produkte in die Außer-Haus-Verpflegung zu bringen. Was wurde bisher erreicht? Wo liegen die besonderen Herausforderungen?

Nach dem bayerischen Ministerratsbeschluss von 2020 sollen alle staatlichen Einrichtungen mit Gemeinschaftsverpflegung ihren Tischgästen Lebensmittel anbieten, die mindestens zu 50 Prozent aus regionaler biologischer oder regionaler konventioneller Erzeugung stammen. Das versteht das Team vom Bio-Großhändler EPOS als Auftrag: Eine Kantine sollte 25 Prozent ihres Wareneinsatzes mit Lebensmitteln decken können, die mit dem bayerischen Bio-Siegel ausgezeichnet sind. Im Interview berichtet Xaver Amler, wie es ihm gelingt, bio-regionale Wertschöpfungsketten (WSK) in Richtung Außer-Haus-Verpflegung (AHV) aufzubauen und wo die aktuellen Herausforderungen liegen.

Oekolandbau.de: Können bayerische Großküchen bereits heute 25 Prozent ihrer Waren mit zertifizierten Bio-Produkten aus Bayern decken?

Xaver Amler: Ein Teilsortiment mit knapp 200 Produkten mit dem bayerischen Bio-Siegel haben wir schon erreicht. Aber da ist natürlich noch Luft nach oben. Wir brauchen noch mehr bio-regionale Produkte und eine höhere Sortimentsbreite und auch -tiefe. Das heißt konkret: Produkte wie beispielsweise Milch in verschiedenen Gebindegrößen und Verarbeitungsstufen. Am Ende wird es ein kontinuierlicher Prozess bleiben, das bioregionale Angebot kontinuierlich zu verbessern.

Xaver Amler

Den gebürtigen Oberbayer hat es schon immer gereizt, etwas Neues auf die Beine zu stellen. Bereits als Student des Brauwesens hat er eine eigene Biermarke entwickelt und vertrieben. Er setzt darauf, Marktkräfte zu mobilisieren, damit bio-regionale Wertschöpfung entsteht. Sein Credo: Auch aus einer rein kaufmännischen Sicht heraus ist es wichtig, den regionalen Ökolandbau weiter voran zu bringen.

Wir können nicht einfach das vorhandene Bio-Sortiment durch bio-regionale Produkte austauschen, ich muss zuerst die Kundschaft davon überzeugen“, betont Xaver Amler.

Oekolandbau.de: Wo fangen Sie an, Wertschöpfungsketten aufzubauen? Beim Angebot oder bei der Nachfrage?

Xaver Amler: Ich fange ganz klar bei der Nachfrage an. Meine Aufgabe ist es primär, eine Nachfrage auf Seiten von Großverbrauchern zu generieren. Erst wenn die geschaffen ist, gehen wir auf Lieferantinnen und Lieferanten, Produzentinnen und Produzenten und Erzeugerinnen sowie Erzeuger zu, damit diese Nachfrage auch bedient werden kann. Wenn ich mit einem konkreten Nachfragwunsch auf potenzielle Lieferantinnen und Lieferanten zugehe, hat das eine ganz andere Wirkung, als wenn ich nur allgemein Vernetzungsgespräche führe. Und am Ende spreche ich natürlich mit dem eigenen Einkauf, wie wir neue Produkte im Sortiment listen und logistisch handhaben können.

Oekolandbau.de: Braucht es dafür gewissen Schwellenwerte an Nachfragemengen, damit diese Kette in Gang kommt?

Xaver Amler: Ja, das kann man so sagen. Deshalb ist hilfreich, dass wir hier mit Großverbrauchern reden. Also zum Beispiel mit den Wiesn-Wirten beim Münchner Oktoberfest. Die Wiesn-Wirtinnen und -Wirte beziehen bereits häufig regionale Lebensmittel. Auch von bio-regionalen Lebensmitteln lassen sich immer mehr von ihnen überzeugen. Und hier komme ich ins Spiel. Wenn Wiesn-Wirtinnen und -Wirte auf Bio umsteigen, benötigen wir beispielsweise bio-regionale Molkereiprodukte in großen Mengen. Wenn wir dann einer Molkerei sagen, wir brauchen für das Oktoberfest zwölf Paletten mit Fünf-Liter Eimern Vollmilch, dann können wir schneller etwas bewegen. Die Herausforderung besteht darin, gefundene Märkte mit den Erzeugern und Lieferanten zusammen zu bringen. Erst durch dieses Networking können wir neue Vertriebswege aufbauen. Wenn es der Markt nicht kann oder will, brauchen wir als Handel nicht damit anzufangen, Erzeugerinnen und Erzeuger zu mobilisieren.

Die Aufgaben von Wertschöpfungskettenmanagerinnen und -managern:

  • Akteurinnen und Akteure in Landwirtschaft, Verarbeitung, Küchen, Politik und Verbänden miteinander zu vernetzen,
  • Veranstaltungen zu organisieren – wie beispielsweise eine regelmäßige Workshop-Reihe zum Kochen mit bio-regionalen Produkten und anderen Themen,
  • neue Betriebe der Außer-Haus-Verpflegung zu gewinnen, die bayerische Bio-Produkte verwenden,
  • ein großküchentaugliches Angebot mit Lebensmitteln aufzubauen, die die Kriterien des Bayerischen Bio-Siegels erfüllen,
  • neue Wertschöpfungsketten zu initiieren. Das heißt konkret: neue Liefer- und Erzeugungsunternehmen zu finden und sie auf ihrem Weg zur Zertifizierung und darüber hinaus zu begleiten.

    Oekolandbau.de: Gibt es auch eine Zusammenarbeit mit anderen Wertschöpfungskettenmanagerinnen oder -managern?

    Xaver Amler: Ja, auf jeden Fall! Eine Erfolgsgeschichte aus dieser Projektstelle ist zum Beispiel die Zusammenarbeit mit der Oberland Bioweiderind im bayerischen Voralpenland. Mit der dortigen Bio-Wertschöpfungskettenmanagerin Andrea Brenner haben wir die Listung von bio-regionalem Rindfleisch in unserem Sortiment etabliert. Dazu gehört seit kurzem das Bio-Rind Edelteilepaket aus Lende und Filet. Nach und nach sind wir durch die enge Zusammenarbeit mit der Oberland Bioweiderind in der Lage, Fleisch von regionalen Rindern zu vermarken, beispielsweise bei Systemcaterings. Durch die Vernetzung der RIWERT (Richtlinie zur Förderung von Bio-Wertschöpfungsketten)-Stellen untereinander können also konkrete Mehrwerte auf dem Markt generiert werden.

    Oekolandbau.de: Was kann noch hilfreich sein für den Aufbau von Wertschöpfungsketten?

    Xaver Amler: Auch Kommunen können etwas bewegen. So hat die Stadt München festgelegt, dass gastronomische Betriebe für Event-Caterings auf städtischem Gelände vorteilhaft bewertet werden, wenn sie den Einsatz zertifizierter bio-regionaler Lebensmittel nachweisen können. Je besser die Bewertung, umso höher sind die Chancen für Folgeaufträge. Wir arbeiten derzeit mit der kommunalen Politik daran, dass die Punkte für das bio-regionale Angebot noch einen höheren Stellenwert bekommen. Zudem bezieht die Stadt München ihr Trinkwasser aus dem Mangfalltal. Die Flächen dort werden von Bio-Milchviehbauern bewirtschaftetet. Das sorgt unter anderem für die so geschätzt hohe Qualität des Wassers in der Stadt.In dem wirdas „Milch-Neben-Erzeugnis“ Fleisch in der AHV der Stadt München vermarkten, schließt sich die Wertschöpfungskette.

    Oekolandbau.de: Was empfehlen Sie anderen WSK-Mangerinnen und Managern auf Basis Ihrer Erfahrungen?

    Xaver Amler: Dass sie auf Kommunen zugehen, damit sie Bio und Regionalität in ihre Ausschreibungen bringen. Wenn das die Kommune in Vergabeverfahren nicht fordert, werden die Küchen häufig nicht von sich aus damit anfangen. Zudem ist es wichtig, die Aufgabe des WSK-Managements nicht nur auf das Vernetzen zu begrenzen, sondern den Schwerpunt auf die Vertriebsarbeit zu legen. Das Ziel sollte mittelfristig sein, dass es zum ganz normalen Profil eines Mitarbeitenden im Vertrieb gehört, bio-regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen.

    Oekolandbau.de: Worin liegen aus Ihrer Sicht noch besondere Herausforderungen?

    Xaver Amler: Natürlich bleibt es eine große "Challenge", gegenüber Küchen und ihren Tischgästen deutlich zu machen, dass regionales Bio auch seinen Preis hat. Wenn wir die heimische Landwirtschaft stützen wollen, müssen wir den dort tätigen Menschen faire Preise bieten können. Und die sind dann vielleicht mal höher als die für Fleisch vom argentinischen Bio-Rind. Als Bio-Großhändler sind wir zwar in der Lage, Mengen zu bündeln und dadurch Preise niedriger zu halten. Aber am Ende geht es einfach um die Wertschätzung für bioregionale Lebensmittel. Also darum, ob wir bereit sind "WertSCHÄTZUNGSketten" aufzubauen. 

    Förderung des Aufbaus von Bio-Wertschöpfungsketten

    Sie möchten Wertschöpfungskettenpartnerschaften für heimische Bio-Produkte aufbauen und benötigen dafür Unterstützung in Koordination und Kompetenzaufbau? Sie planen dabei Veranstaltungen zur Vernetzung relevanter Akteurinnen und Akteure? Nutzen Sie dazu das Förderangebot des Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL). Mit der Richtlinie zur Förderung von Bio-Wertschöpfungsketten (RIWERT) fördert das BÖL den Aufbau und die Weiterentwicklung von tragfähigen Wertschöpfungskettenpartnerschaften für heimische Bio-Produkte.

    Mehr Informationen finden Sie hier.

    Interview und Text: Andreas Greiner, Ökonsult


    Letzte Aktualisierung 22.07.2025

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