Der Stellenwert von Winter- beziehungsweise Sommergerste im ökologischen Landbau leitet sich insbesondere im Marktfruchtbau vom notwendigen Fruchtwechsel zwischen den Getreidearten sowie zwischen Sommer- und Winterungen ab. Die Anbaufläche für Bio-Gerste betrug im Jahr 2019 knapp 47.000 Hektar.
Ein im Vergleich zu anderen Getreidearten eher unterdurchschnittliches Ertragspotenzial und die bei Braugerste höheren Qualitätsrisiken werden von den geringen Ansprüchen an Standort und Nährstoffversorgung nicht immer wettgemacht.
Sommergerste wird für Brauzwecke sowie als Futter- und Speiseware angebaut. Werden bei Sommergeste gute Brauqualitäten erreicht (Eiweißgehalt < 11,5 Prozent, hoher Vollgerstenanteil mit gut ausgebildetem Korn und feiner Spelze, hohe Keimfähigkeit, frei von Beschädigungen und Fremdgerüchen), lässt sich die Ware gut vermarkten.
Wintergerste wird dagegen in der Regel im eigenen Betrieb verfüttert. Marktfruchtbetrieben produzieren Wintergerste meist über Erzeugergemeinschaften, um sie an Futtermittelhersteller zu vermarkten. Mit Ausdehnung der Schweinehaltung wird der Bedarf an Futtergerste weiter steigen.
Standort
Sommergerste besitzt eine relativ breite Anbaueignung und gedeiht auch auf schwächeren Standorten, allerdings mit geringeren Erträgen. Entscheidend für den Anbauerfolg ist unter anderem die frühe Befahrbarkeit der Böden. Eine zeitige Saat ohne Strukturschäden muss sichergestellt sein.
Auf Staunässe, schlechte Durchlüftung und Verdichtungen reagiert Braugerste sehr empfindlich. Eine gute Bodenstruktur, ergänzt durch eine ausreichende Kalkversorgung, ist daher besonders wichtig.
Böden mit gutem Nährstoffangebot, insbesondere in der Jugendphase sind Voraussetzung für gute Brauqualitäten. Lehmige und tiefgründige Böden setzen vor allem in kühleren Lagen Stickstoff aus organischer Substanz langsam und kontinuierlich frei. Insbesondere in Betrieben mit höherem Viehbesatz und/oder starkem Kleegrasanbau muss auf solchen Standorten bei höheren Bodentemperaturen, ausreichender Bodenfeuchte und guter Durchlüftung mit einer hohen Stickstoffnachlieferung gerechnet werden. Ein schwer kalkulierbarer Stickstofffluss mit dem Risiko zu hoher Eiweißgehalte ist die Folge. Sandige oder flachgründige und humusreiche Böden bieten bessere Voraussetzungen. In wärmeren Lagen mineralisieren sie den vorhandenen Stickstoff aus organischer Substanz relativ schnell, aber nicht besonders lang anhaltend.
Die Kunst des erfolgreichen Anbaus von Braugerste besteht vor allem darin, alle anbautechnischen Maßnahmen optimal auf die Gegebenheiten des Standortes abzustimmen.
Fruchtfolge
Wintergerste hat den Nachteil, dass sie außer in Gunstlagen bis spätestens Ende September im Boden sein muss, da sonst die Gefahr der Auswinterung steigt. Vorfrüchte müssen deshalb früh räumen. Die frühe Bestellung kann jedoch Probleme durch hohen Unkrautdruck vor dem Winter bereiten.
Ein großer Vorzug von Sommergerste ist ihre Flexibilität bezüglich der Standortwahl und der Stellung in der Fruchtfolge. In der Praxis findet sie ihren Platz oft an zweiter oder dritter Stelle der Fruchtfolge und steht meist nach Wintergetreide. Bisweilen ist die Stickstoffverfügbarkeit unter diesen Bedingungen eingeschränkt. Sommergerste dankt jedoch eine Vorfrucht, die ihr für eine optimale Jugendentwicklung und Bestandesdichtebildung genügend Stickstoff zur Verfügung stellt.
Auf Böden mit hoher Umsetzungsaktivität kann eine nicht zu wüchsige Gründüngung Vorteile bringen, die im Spätherbst eingearbeitet wird. Vor allem Kartoffeln sind aufgrund der Bodenstruktur eine günstige Vorfrucht. Kombiniert mit einer Feldfutter/Kleegemenge-Untersaat ist Sommergerste auch als abtragende Frucht gut platziert, da sie der Untersaat ideale Voraussetzungen bietet.
Saat
Sommergerste hat ein relativ schwaches und vor allem empfindliches Wurzelwerk und benötigt deshalb einen gut durchwurzelbaren Oberboden ohne Verdichtungen. Trockene Grundbodenbearbeitung ist daher wichtig für einen erfolgreichen Gerstenanbau, genauso wie das Aufbrechen vorhandener Verdichtungen im Pflugsohlenbereich. Im Regelfall ist eine sorgfältige, nicht zu flache Herbstfurche allen anderen Bearbeitungsvarianten vorzuziehen. Eine Frühjahrsfurche zieht besonders auf leichteren Böden oft eine zu knappe Wasserversorgung nach sich.
Die Aussaat erfolgt bei abgetrockneten Böden und feinem Saatbett ab Mitte März bis Mitte April. Da Sommergerste nur bedingt frostempfindlich ist, wäre eine Saat im März in Bezug auf den Ertrag zu empfehlen. Im Zweifelsfall gilt jedoch "trocken vor früh". Keine Getreideart reagiert empfindlicher auf Bearbeitungsfehler als Gerste. Die Saatbettbereitung ist schonend mit möglichst wenig Bodendruck durchzuführen. Zur besseren Durchlüftung ist eine tendenziell tiefere Saatbettbereitung sinnvoll.
Beste Auflaufbedingungen vorausgesetzt, reichen die sorten- und standorttypischen Saatstärken von meist 330 bis 350 keimfähigen Körnern je Quadratmeter aus. Etwas höhere Saatstärken (380 bis 400 Körner/Quadratmeter) wirken sich bei regelmäßig zu knappen Bestandesdichten eher positiv aus. Dünnsaaten sind im System ökologischer Landbau nur mit großer Vorsicht zu empfehlen.
Wie bei allen Druschfrüchten wird die Verwendung von Saatgut mit hoher Keimfähigkeit auch bei erschwerten Bedingungen (Kalttest) unbedingt empfohlen und auf zertifiziertes Ökosaatgut oder entsprechend getesteten Nachbau verwiesen.
Die anzustrebende Ablagetiefe in das feinkrümelige, abgesetzte Saatbett liegt bei zwei bis drei Zentimetern. Die üblichen Reihenabstände von neun bis zwölf Zentimetern sind ohne Alternative. Um einen schnellen Feldaufgang zu gewährleisten, ist ein Anwalzen aufgrund der intensiven Saatbettbereitung oft zwingend.