Hanfmehl – ein vielseitiger Rohstoff für das Backhandwerk

Hanfmehl – ein vielseitiger Rohstoff für das Backhandwerk

Hanfmehl liegt im Trend: nährstoffreich, nachhaltig und vielseitig einsetzbar eröffnet es Bäckereien neue Chancen für gesunde, innovative Backwaren. Als pflanzliche Proteinquelle, ballaststoffreich und glutenfrei, punktet es bei Verbraucherinnen und Verbrauchern und stärkt regionale Wertschöpfungsketten.

Hanfmehl erfreut sich zunehmender Beliebtheit als funktionale Zutat im Backhandwerk. Als nährstoffreiches, nachhaltiges und vielseitig einsetzbares Produkt bietet es Bäckereien und anderen verarbeitenden Betrieben spannende Möglichkeiten zur Sortimentserweiterung – insbesondere im Bereich gesunder und innovativer Backwaren. Der Trend zu pflanzlichen, regionalen und nährstoffdichten Lebensmitteln verstärkt das Interesse an Hanfmehl zusätzlich.

Herkunft und Anbau von Hanf

Die Grundlage für Hanfmehl bildet der sogenannte Nutzhanf (Cannabis sativa L.), eine seit Jahrhunderten in Europa angebaute Kulturpflanze. In Deutschland wird Hanf zunehmend wiederentdeckt: Im Jahr 2023 bauten in Deutschland schon 410 landwirtschaftliche Betriebe auf 2.900 Hektar Nutzhanf an. Davon bewirtschafteten 210 Landwirtinnen und Landwirte eine Fläche von 1.400 Hektar ökologisch. Nach dem Rekordjahr 2024 und einer bewirtschafteten Fläche von 7.116 Hektar sind 2025 die Flächen sowie die Anzahl der Anbaubetriebe wieder stärker gesunken. So meldeten insgesamt 496 Betriebe den Anbau von Nutzhanf auf einer Fläche von 5.274 Hektar.

Hanfmehl einkaufen: Rechtliche Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards

Beim Einkauf von Hanfsamen als Rohware stehen Unternehmen vor etwas anderen Herausforderungen als ihre Mitbewerberinnen und Mitbewerber anderer Lebensmittelgruppen. Zum einen besitzt Nutzhanf die Eigenschaft, Schwermetalle wie Blei, Cadmium und Quecksilber aus dem Boden aufzunehmen, deshalb ist für den Einkauf der Standort des landwirtschaftlichen Betriebs relevant. Höchstmengen dieser Schwermetalle in Lebensmitteln sind in der Kontaminantenverordnung (EU) 2023/915 geregelt.

Zum anderen stellt der THC-Gehalt Verarbeitungsunternehmen vor aufwendigere und kostenintensivere Hürden. Dieser unterliegt natürlichen Schwankungen und darf den Grenzwert von 0,3 Prozent nicht überschreiten. Um dies zu gewährleisten, muss jede Charge für die Lebensmittelverarbeitung analysiert werden.

Mehr Informationen zu den Rechtsgrundlagen rund um den Anbau von Nutzhanf finden Sie unter www.ble.de/nutzhanf

Herstellung von Hanfmehl

Hanf wird in erster Linie für die Öl- und Samenproduktion kultiviert. Für Hanfmehl finden zwei unterschiedliche Verfahren Anwendung:

  • Vollfettes Hanfmehl/Hanfsamenmehl: Geschälte oder ungeschälte Hanfsamen werden direkt vermahlen.

  • Teilentöltes Hanfmehl: Hanfsamen werden gepresst. Dabei entsteht das Nebenprodukt Presskuchen. Dieser wird anschließend getrocknet und vermahlen.

Das teilentölte Hanfmehl enthält nur noch einen geringen Fettanteil und ist deshalb am besten für Backwaren geeignet, da es für stabilere Teige sorgt. Durch zu viel Fett im Teig lässt sich der Teig schwer verarbeiten, da es die Teigbindung beeinträchtigt und zu einem öligen Gebäck führen kann. Durch die feine Textur lässt sich das Mehl besser mischen und sorgt für eine homogene Teigmasse.

Nährwerte und Vorteile von Hanfmehl im Vergleich zu anderen Mehlen

Hanfmehl Nährwerte

Hanfmehl besticht durch sein beeindruckendes Nährstoffprofil und trägt somit zu einer ausgewogenen Ernährung bei. Besonders hervorstechen folgende Nährstoffe:

  • Proteine: Hanf enthält alle acht essenziellen Aminosäuren (Proteinbausteine) und ist damit eine hochwertige pflanzliche Proteinquelle. Der hohe Proteingehalt unterstützt zum einen den Muskelaufbau und dient zum anderen als gute Proteinquelle für eine vegane oder vegetarische Ernährungsweise.

  • Ballaststoffe: Der hohe Ballaststoffgehalt mit einer durchschnittlichen Menge von etwa 30 Gramm pro 100 Gramm Lebensmittel macht Hanfsamen zu einer bedeutenden Ballaststoffquelle. Sie regulieren die Verdauung und tragen zu einer gesunden Darmfunktion bei.

  • Fettsäuren: Auch teilentöltes Hanfmehl enthält noch Reste wertvoller Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in einem optimalen Verhältnis (etwa 4:1). Dieses Fettsäureverhältnis ist besonders für die Herz-Kreislauf-Gesundheit relevant. Die enthaltenen Omega-3-Fettsäuren sowie die Omega-6-Fettsäure Gamma-Linolensäure (GLA) können dabei unterstützen, Entzündungen im Körper zu reduzieren.

  • Vitamine und Mineralstoffe: Die enthaltenen Vitamine Thiamin (B1), Riboflavin (B2) und Tocopherol (E) sowie die Mineralstoffe Eisen, Magnesium, Kalzium, Phosphor, Zink und Kalium, dienen unter anderem unterschiedlicher Stoffwechselfunktionen, der Gesundheit von Knochen- und Muskelmasse sowie der Unterstützung des Immunsystems und der Blutbildung.

Daneben ist Hanfmehl glutenfrei und kann somit von Menschen mit Zöliakie beziehungsweise Glutenunverträglichkeit genutzt werden.

Verwendung von Hanfmehl im Backhandwerk

Hanfmehl besitzt einen leicht nussigen bis leicht bitteren Geschmack, der sich in verschiedenen Backwaren eignet. Besonders gut  passt dieser in herzhaften Backwaren wie Brot, Cracker, Plätzchen oder auch Knabbergebäck wie Knusperstangen oder Crissini. Aufgrund seines hohen Proteingehaltes kann Hanfmehl beispielsweise auch in Protein- oder Fitnessbrötchen punkten. Für Kekse werden meistens ganze Hanfsamen eingesetzt.

Aufgrund des fehlenden Glutens verändert Hanfmehl die Teigstruktur: Es bindet weniger, wodurch der Teig brüchiger wird und sich demnach anders verhält im Vergleich zu Weizenmehl. Für voluminöse Backwaren wie Hefezöpfe oder Biskuitböden ist daher nicht geeignet. Zu beachten gilt ebenfalls, dass Hanfmehl Flüssigkeiten gut aufnimmt, was zu einer festeren Teigstruktur führen kann. Es empfiehlt sich daher, die Wassermenge leicht zu erhöhen und die Knetzeiten anzupassen.

Fazit: Hanfmehl Verwendung in folgenden Backwaren:

  • Brote
  • Eiweißreiche Brötchen und Snacks
  • Pikantes Feingebäck
  • Knusperprodukte & moderne Snackartikel
  • Glutenfreie Spezialitäten

Weizenmehl durch Hanfmehl ersetzen?

Hanfmehl kann Weizenmehl nicht vollständig ersetzen, da es keine Klebereiweiße (Gluten) enthält, die für die Teigbindung notwendig sind. Zudem ist der Geschmack intensiver und leicht bitter. Deshalb wird empfohlen zehn bis maximal 30 Prozent der Weizenmehlmenge durch Hanfmehl zu ersetzen und sich mit der Zugabe an Hanfmehl nur schrittweise zu steigern. So lassen sich die Vorteile nutzen, ohne die Backeigenschaften und den Geschmack negativ zu beeinflussen.

Marktpotenzial von Bio-Hanfmehl-Produkten

Die Nachfrage nach gesunden, regionalen und innovativen Backwaren steigt stetig. Bio-Hanfmehl bietet eine attraktive Möglichkeit zur Differenzierung im Wettbewerb, insbesondere für handwerklich arbeitende Betriebe mit dem Fokus auf Regionalität. Hanfmehl in Low-Carb-Backwaren punktet mit einem niedrigen Kohlenhydratanteil – eine Eigenschaft für diätetische Zwecke. Als hochwertige pflanzliche Proteinquelle ist Hanfmehl auch in veganen Produkten und als Isolat in Proteinpulver für Sportlerinnen und Sportler gefragt. Mit dem wachsenden Interesse an nachhaltigen Superfoods und einer gesundheitsfördernder Lebensweise, dürfte Hanf weiter an Bedeutung gewinnen.

Regionale Wertschöpfung mit Bio-Hanfprodukten

Hanf bietet großes Potenzial für regionale Wertschöpfungsketten. Durch Kooperationen zwischen Landwirtinnen und Landwirten, Ölmühlen und Bäckereien lassen sich lokale Kreisläufe etablieren. Erste Initiativen zeigen, dass sich die Kombination aus Bio-Anbau, regionaler Verarbeitung und direktem Vertrieb erfolgreich umsetzen lässt – sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch.

Rapunzel Naturkost zeigt wie es geht: Sie beziehen ihren Hanf aus Österreich: Sowohl der in Tüten abgepackte "Schälhanf" als auch der Hanf, der bei ihnen zu Hanföl gepresst wird oder als Rösthanf-Zutat in Salattoppings zu finden ist. Auch der Hanfpresskuchen wird in der Nähe zum Firmenstandort in Lohn vermahlen. Durch ihre geografische Nähe zum Alpenraum und damit zu Ländern wie Österreich und der Schweiz würde Dr. Stephen Hubbes, Verantwortlicher für Forschung und Entwicklung bei Rapunzel, das als kleine, regionale Wertschöpfungskette bezeichnen, bei der der heimische Bio-Anbau und hiesige Bio-Bäuerinnen und -Bauer unterstützt werden.

Aber auch das Nutzhanf-Netzwerk e. V. zeigt, wie der Schulterschluss zwischen Landwirtschaft, Verarbeitung und Vermarktung gelingt.

Text: Melissa Buchholz, BLQ


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Letzte Aktualisierung 17.10.2025

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