Bio-Backwaren mit Vollkorn-Mehl

Bio-Backwaren mit Vollkorn-Mehl

Die Herstellung von Vollkornprodukten war schon immer eng mit der ökologischen Herstellungsweise verbunden. Bei der Verarbeitung von Vollkorn-Mehl oder Vollkornschrot sind Fachwissen und handwerkliches Geschick gefragt, insbesondere bei der Vermahlung und der Steuerung der Wasseraufnahme im Teig. Noch mehr Tipps für leckere und gesunde Vollkornprodukte finden Sie hier.

Ökologische Lebensmittel und Ernährung sind von Anfang an mit dem Begriff "Vollwert" verbunden. Werner Kollath hat 1942 die Grundzüge einer Vollwert-Ernährung mit der Aussage "Lasst unsere Nahrung so natürlich wie möglich" formuliert. Hierbei spielen das volle Korn (Vollkorn) und dessen Mahlprodukte (Vollkornschrote und -Mehle) eine zentrale Rolle. Lange waren Bio-Backwaren, Bio-Nudeln, sowie auch alle anderen Arten von Bio-Getreideprodukten aus Vollkorn hergestellt. Für private Standards der Öko-Anbauverbände oder auch des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren (BNN) war es eine Selbstverständlichkeit in Bezug auf die Verarbeitung der Öko-Erzeugnisse deren "Vollwertigkeit" vorauszusetzen.

Vollkorn-Mehl ist nährstoffreich

Diese Priorisierung von "Vollkorn" ergibt sich aus ernährungsphysiologischen Zusammenhängen, die heute wissenschaftlich unumstritten sind. Vollkornprodukte sind sehr reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen, die essenziell für eine gesunde Ernährung sind. Die nachstehende Grafik zeigt eindrücklich welche Verluste zum Beispiel an Vitaminen mit zunehmendem Ausmahlungsgrad bei der Vermahlung von Getreide entstehen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE e.V.) empfiehlt aus diesem Grund den Bürgerinnen und Bürgern seit Jahren die Bevorzugung von Vollkornprodukten für ihre Ernährung. Nach Angaben des Deutschen Brotinstitut e.V. sind heute 10,5 Prozent der in Deutschland verspeisten Brote aus Vollkorn hergestellt. Am beliebstesten bei den Deutschen sind Mischbrote, also Brote auf Basis einer Mischung aus Weizen- und Roggenmehlen, die mit 32,8 Prozent fast ein Drittel aller verzehrten Brote ausmachen. Direkt danach auf Platz 2 folgt mit 20,3 Prozent das Toastbrot. Die Plätze danach belegen mit 15,2 Prozent Brote mit Körnern und Saaten, Vollkornbrote (10,5 Prozent) und abschließend reine Weizenbrote sowie Roggenbrote mit jeweils genau 5,2 Prozent Anteil am Brotmarkt.

Noch mehr Zahlen und Fakten rund ums Brot gibt's auf der Webseite des Deutschen Brotinstitut e.V. 

Was bedeutet "Vollkorn"?

Die Leitsätze des deutschen Lebensmittelbuches für Brot und Kleingebäck (PDF-Dokument) definieren Vollkorn wie folgt:

Getreidevollkornerzeugnisse wie Vollkornmehl und Vollkornschrot enthalten die gesamten Bestandteile der gereinigten Körner einschließlich des Keimlings. Die Körner können jedoch von der äußeren Fruchtschale befreit sein.

Vollkorn-Brote und Vollkorn-Backwaren können zu 100 Prozent aus Vollkorn-Getreide bestehen. In der Praxis werden jedoch zur Herstellung von Broten oft verschiedene Mehle und Schrote mit unterschiedlichem Ausmahlungsgrad verwendet. Die Leitsätze für Brot und Backwaren legen fest, dass Backwaren, die als Vollkornbrot beziehungsweise Vollkornbrötchen bezeichnet werden, mindestens 90 Prozent des Getreides als Vollkorn enthalten müssen.

Weiter definieren die Leitsätze:

Wird in der Bezeichnung des Brotes beziehungsweise Kleingebäcks ein einzelnes sonstiges Getreide oder Pseudogetreide genannt, so sind die Vollkornerzeugnisse aus dem/den namengebenden Getreide/-n aus backtechnischen Gründen (zum Beispiel Krumenbeschaffenheit, Porung, Lockerung) nicht zu mindestens 90 Prozent, jedoch zu mindestens 20 Prozent enthalten (zum Beispiel Hafervollkornbrot beziehungsweise -brötchen, Quinoavollkornbrot beziehungsweise -brötchen).

Bio und Vollkorn – eine lange Beziehung

Die Pioniere der Bio-Backwarenbranche waren Vollkorn-Bäckereien. Heute werden biologische Backwaren jedoch zunehmend auch mit Auszugsmehl hergestellt. Die EU-Bio-Verordnung macht grundsätzlich keine Vorgaben für die Verwendung des Begriffes "Vollkorn". Sie legt in ihren Grundsätzen eine schonende und möglichst naturbelassene Verarbeitung nahe. Die meisten Bio-Verbände betonen nach wie vor die Vollwertigkeit und schonende Verarbeitung der Produkte.

Auch heute noch werden viele ökologische Brote und Backwaren sowie alle Arten von Feinbackwaren und Keksen aus Vollkornmehlen und -schroten hergestellt. Für einige Bio-Verarbeiterinnen und Bio-Verarbeiter ist die ausschließliche Verwendung von Vollkorn nach wie vor entscheidendes Qualitätsmerkmal für ihre ökologischen Produkte.

Technologische Besonderheiten bei der Herstellung von Vollkornprodukten

Um erfolgreich Vollkornprodukte herzustellen, müssen einige technologische Besonderheiten beachtet werden:

  • Feinheit des Vollkorn-Mehls
  • Steuerung der Wasseraufnahme im Teig und damit die Frischhaltung der Backware (Teigausbeute)

Beim Backen mit Weizen- und Dinkelmehl ist der Eiweiß-(Kleber)-Komplex von herausragender Bedeutung für das Backergebnis. Wird mit Vollkorn-Mehlen gebacken, ist die Fraktionierung des Getreides (fein/grob) genau so bedeutend.

Tabelle: Beziehung zwischen Volumenausbeute von Kleber und dem Feinheitsgrad der Vermahlung

Klebergehalt

Mehltype 550
100 % < 250 Mikrometer

Vollkornmehl
80 % < 250 Mikrometer

Vollkorn-Feinschrot
75% > 250 Mikrometer

16 % Kleber

560 ml Volumen-
ausbeute

330 ml
Volumen-
ausbeute

290 ml Volumen-
ausbeute

37 % Kleber

740 ml
Volumen-
ausbeute

410 ml Volumen-
ausbeute

300 ml Volumen-
ausbeute

Quelle: Dialogpartner Agrar-Kultur (Hrsg), 1999; "Ökologische Backwaren - Herstellen und Verkaufen", S. 94

Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass für eine gute Volumenausbeute neben der Klebermenge und der Kleberqualität unbedingt auch auf die Feinheit der Vermahlung geachtet werden muss. Je feiner die Vermahlung, desto besser das Backergebnis in Bezug auf die Volumenausbeute bei Weizenprodukten wie zum Beispiel Brötchen oder Feinbackwaren.

Umkehrt bedeutet dies, dass die Klebergehalte beim Backen mit Vollkorn eine untergeordnete Rolle spielen. Werden Weizenbrote mit Schroten oder Feinschroten gebacken, ist die Fraktionierung für das Backergebnis relevanter als der Klebergehalt.

Der Wasserhaushalt bei Vollkornprodukten

Bei Weizen- und Dinkelvollkornbackwaren treten immer wieder Probleme mit der Frischhaltung auf. Insbesondere dann, wenn kein oder nur ein geringer Teil versäuert wurde und mit kurzen Hefeführungen oder chemischen Lockerungsmitteln gearbeitet wird. Die Randschichten des Korns haben die Eigenart, relativ langsam große Mengen an Wasser aufzunehmen, also nachzuquellen. Zusätzlich sorgen die eher niedrigen Klebergehalte bei Bio-Weizen dafür, dass weniger Wasser durch den Kleber bei der Teigbereitung gebunden wird und damit für das Gebäck und dessen Frischhaltung zur Verfügung steht.

Um diesen Problemen zu begegnen, stehen Bäckerinnen und Bäckern verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, in den Wasserhaushalt einzugreifen:

  • Lange Teigführungen, die genug Zeit zur Verquellung lassen (Teigausbeute erhöhen!)

  • Erhöhung des Sauerteiganteiles

  • Lange Hefeführungen

  • Verwendung eines Brühstückes oder Quellstückes

  • Einsatz von Saaten (verquollen)

  • Einsatz von Restbrot

Hohe Anforderung an Reinigung des Getreides

Wird Getreide direkt vom landwirtschaftlichen Betrieb bezogen, ist es wichtig, dass dieses sorgfältig gereinigt wurde. Eine Saatgutreinigung reicht nicht aus, es muss "speisegereinigt" sein. Der direkte Bezug des Getreides bietet die Chance sich mit der Landwirtin oder dem Landwirt über gewünschte Getreidesorten zu verständigen. Studien zeigen, dass die verschiedene Getreidesorten teilweise unabhängig vom Klebergehalt sehr unterschiedliche Backfähigkeit aufweisen. Das bedeutet die Auswahl der geeigneten Getreidesorte kann erheblich zur Produktqualität der Bio-Vollkornprodukte beitragen.

Weitere Informationen Thema können den Arbeiten von Ludger Linnemann (PDF-Dokument) entnommen werden. Hinweise zu Sorten sind in den Berichten zu regionalen Sortenversuchen zu entnehmen, beispielsweise von der LfL in Bayern zu ökologischem Winterweizen (PDF-Dokument).

Sortenversuche weiterer Getreidearten und Bundesländer

    Text: Dr. Alexander Beck, AöL


    Lesen Sie mehr auf Oekolandbau.de

    Letzte Aktualisierung 22.10.2025

    Nach oben
    Nach oben