Bio-Direktvermarktung bringt echten Mehrwert

Bio-Direktvermarktung bringt echten Mehrwert

Ein Forschungsprojektuntersucht erstmals umfassend die wirtschaftliche Bedeutung der Direktvermarktung von Bio-Produkten in Deutschland. Ziel ist es, verlässliche Daten zu Strukturen, Umsätzen und Vermarktungswegen zu gewinnen – als Grundlage für Praxis, Politik sowie Wirtschaft.

Die Direktvermarktung spielt für viele landwirtschaftliche Betriebe – besonders im ökologischen Bereich – eine wichtige Rolle. Dennoch fehlen bislang verlässliche und regelmäßig erhobene Daten, um ihre volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung systematisch darzustellen. Genau hier setzt das Forschungsprojekt vom Forschungsinstitut biologischer Landbau (FiBL), Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI) und Bioland an: Ziel ist es, eine fundierte Datengrundlage zur Bio-Direktvermarktung in Deutschland zu schaffen, sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene.

In einem ersten Schritt wird eine Erhebungsmethode entwickelt, die es ermöglicht, die wirtschaftliche Bedeutung dieses Vermarktungszweigs jährlich fortzuschreiben. Damit soll der Wissensstand zu Struktur, Umfang und Entwicklung der Direktvermarktung auf den aktuellen Stand gebracht werden. Auf dieser Basis werden im weiteren Verlauf auch neue Vermarktungsformen wie Marktstände, Automaten oder Versandhandel detailliert betriebswirtschaftlich betrachtet. Die Direktvermarktung wird dabei als vollständige Wertschöpfungskette sowohl aus betrieblicher als auch aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive analysiert.

 

Definition der Direktvermarktung

Direktvermarktung bezeichnet den Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse direkt von den erzeugenden Betrieben an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher – ohne Zwischenhändlerinnen oder Zwischenhändler.

Typische Vertriebswege sind Hofläden, Wochenmärkte, Verkaufsautomaten, Lieferservices oder der eigene Online-Shop. Dabei steht der unmittelbare Kontakt zwischen Betrieb und Kundschaft im Vordergrund, oft verbunden mit Regionalität, Transparenz und Frische.

Um Daten aus der Agrarstrukturerhebung (ASE) nutzen zu können, hat das Team beim Bundesdatenzentrum eine Genehmigung zur detaillierteren anonymisierten Auswertung der Betriebe mit Einkommenskombination eingeholt. Die anschließenden Analysen erfolgen mit einem speziell dafür vorgesehenen Analysetool, das unter strenger Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben eingesetzt wird. Der Zugang zu den Daten ist kontrolliert und die Auswertungen werden nur in anonymisierter Form weiterverarbeitet.

Erste Ergebnisse aus der Landwirtschaftszählung 2020 (LZ 2020) verdeutlichen die hohe Relevanz der Direktvermarktung insbesondere im ökologischen Landbau. Insgesamt hat das Projektteam 22.840 direktvermarktende Betriebe erfasst. Davon haben 15.127 Betriebe eine Betriebsgröße von 20 bis 50 Hektar, 4.170 Betriebe liegen zwischen 50 und 100 Hektar und 3.542 Betriebe bewirtschaften mehr als 100 Hektar.

Davon sind 5.091 direktvermarktende Bio-Betriebe. Von diesen haben 4.355 eine Betriebsgröße von 20 bis 100 Hektar, während 736 Betriebe mehr als 100 Hektar bewirtschaften. Insgesamt betreiben 19 Prozent aller ökologischen Betriebe eine Direktvermarktung, während es im konventionellen Bereich nur acht Prozent sind. Für die alle drei Jahre stattfindende Landwirtschaftszählung wird das Projektteam nun auch Analysen aus dem Jahr 2023 erstellen können. Für 2023 handelte es sich um die Agrarstrukturerhebung (ASE), eine repräsentative Stichprobe. Diese Erhebung wird vom Statistischen Bundesamt (Destatis) sowie den Statistischen Landesämtern durchgeführt. Das Projektteam wird nun bis Ende des Jahres 2025 aktuelle Auswertungen mit dem Analysetool vornehmen. Dabei dürfte es interessant sein zu sehen, ob sich zu der vorherigen Erhebung signifikante neue Erkenntnisse ergeben.

Bio-Betriebe setzen deutlich stärker auf Direktvermarktung als konventionelle tierhaltende Betriebe: 40 Prozent der Bio-Tierhalterinnen und Tierhalter verkaufen direkt, gegenüber nur elf Prozent im konventionellen Bereich. Besonders bei Legehennen, Mastschweinen und Masthühnern ist die Direktvermarktung für Bio-Betriebe ein zentraler Vermarktungsweg. Von insgesamt 151.213 konventionellen tierhalternden Betrieben vermarkten nur elf Prozent (16.554 Betriebe) ihre Produkte direkt. Die Aufteilung innerhalb dieser Direktvermarkter zeigt, dass der größte Anteil Masthühner (27 Prozent) hält, gefolgt von Schafen (18 Prozent) und Legehennen (15 Prozent). Bei den Bio-Tierhalterinnen und Tierhaltern (16.759 Betriebe) ist der Anteil der Direktvermarkter mit 40 Prozent (6.777 Betriebe) deutlich höher. Innerhalb dieser Gruppe sind Legehennen (67 Prozent) am häufigsten vertreten, gefolgt von Mastschweinen (48 Prozent), Masthühnern (50 Prozent) und Schafen (34 Prozent).

Onlinebefragung der landwirtschaftlichen Direktvermarkter

Im Sommer 2024 hat das Projektteam nach intensiver Recherchearbeit eine umfangreiche Adressliste ökologischer Direktvermarktungsbetriebe erstellt. Grundlage war eine zuvor per Internetrecherche erarbeitete Liste mit 4.900 direktvermarktenden Betrieben. Davon wurden 4.500 Betriebe zur Teilnahme an der Umfrage eingeladen – die übrigen konnten mangels E-Mail-Adresse nicht erreicht werden. Zusätzlich wurde der Umfragelink über verschiedene Plattformen und Newsletter verbreitet.

Insgesamt haben 499 Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter an der Umfrage teilgenommen. Von diesen vermarkten 374 Betriebe Bio-Produkte direkt, deren Angaben in der Auswertung berücksichtigt wurden.

Die Ergebnisse zeigen deutlich: Die Mehrheit der Bio-Direktvermarkterinnen und -Direktvermarkter erzielt relativ kleine Jahresumsätze. Die meisten Betriebe setzen mit dem Verkauf von Bio-Lebensmitteln weniger als 50.000 Euro jährlich um. Nur ein kleinerer Teil erreicht höhere Umsatzklassen, und mit steigendem Umsatz nimmt die Zahl der Betriebe spürbar ab. Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter mit Umsätzen im Millionenbereich sind die absolute Ausnahme. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Bio-Direktvermarktung in Deutschland vor allem von kleinen und mittleren Betrieben getragen wird, die regional agieren und auf den direkten Kontakt zu ihren Kundinnen und Kunden setzen.

Im Rahmen des Projekts wird die betriebswirtschaftliche Analyse von Hofläden gezielt weiterentwickelt. Bereits heute ermöglicht das Online-Tool "KennDi" den Vergleich des eigenen Betriebs mit ähnlich strukturierten Unternehmen sowie die Identifikation von Schwächen und Stärken. Zurzeit wird das Tool um weitere Direktvermarktungsformen wie Verkaufsautomaten, Wochenmärkte, Fleischpakete und andere erweitert. Ziel ist es, praxisrelevante betriebswirtschaftliche Kennzahlen für neue Vermarktungswege zu erheben. Dazu werden 65 Betriebe intensiv begleitet, deren Daten aus den Wirtschaftsjahren 2021 bis 2023 systematisch ausgewertet werden. Die Erhebung erfolgt auch durch Betriebsbesuche, um eine fundierte Datengrundlage für Betriebsvergleiche und betriebswirtschaftliche Auswertungen zu schaffen.

Mit diesem Ansatz wird ein wichtiger Beitrag geleistet, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern praxisnah und nachvollziehbar abzubilden.

Im aktuellen Forschungsprojekt können alle Bio-Betriebe mit Direktvermarktung kostenlos am Online-Tool "KennDi" teilnehmen. Die Daten folgender Direktvermarktungswege können dort separat erfasst und analysiert werden:

  • Hofladen
  • Wochenmarktstand
  • Lieferservice (Abo-Kisten und Online-Shop)
  • Hofgastronomie
  • Fleischpaket-Vermarktung
  • SB-Vermarktung

Interview mit Axel Wirz von FiBL Deutschland

Oekolandbau.de befragt Axel Wirz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim FiBL Deutschland e.V. und Projektleiter des vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat geförderten Projekts "Die wirtschaftliche Bedeutung der (Bio-) Direktvermarktung".

Oekolandbau: Was ist das Hauptziel des WiBiDi-Projekts und welche Lücke soll damit geschlossen werden?

Wirz: Hauptziel des Projektes ist es, die nationale und regionale volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung der Bio-Direktvermarktung in Deutschland zu erheben und in einem ersten Schritt eine Methode zu entwickeln, wie diese jährlich fortgeschrieben werden kann. Die bisherigen Ansätze in den verschiedenen nationalen und regionalen statistischen Erhebungen (zum Beispiel Agrarstrukturerhebung auf Bundes-, beziehungsweise Landesebene) sind für eine regelmäßige wirtschaftliche Darstellung diese bedeutenden landwirtschaftlichen Betriebszweig, insbesondere in der ökologischen Produktionsweise, nicht ausreichend. Damit soll der Wissensstand um diese Vermarktungsmethode insgesamt auf ein aktuelles und umfangreiches Niveau gehoben werden. Erste Ergebnisse zeigen zum Beispiel, dass etwa 40 Prozent der tierhaltenden Bio-Betriebe in der Direktvermarktung sind.

Oekolandbau: Wie profitieren Bio-Direktvermarkterinnen und -Direktvermarkter konkret von den Ergebnissen des Projekts?

Wirz: Für die Hochrechnung der wirtschaftlichen Bedeutung werden neben statistischen Daten auch eine Auswertung von 65 Bio-Direktvermarkter-Betriebe herangezogen, die wir zusätzlich in dem Analyse-Tool "KennDi" neu eingeben. Die teilnehmenden Bio-Direktvermarkter-Betriebe bekommen so eine kostenlose betriebswirtschaftliche Analyse über drei Wirtschaftsjahre und können sich mit anderen Betrieben und den entsprechenden verschiedenen Absatzwegen vergleichen. Alle Direktvermarkterinnen und -Direktvermarkter profitieren von den dann ermittelnden Faust- und Kennzahlen für ihre Absatzwege und können so ihre eigene Direktvermarktung betriebswirtschaftlich besser einordnen.

Oekolandbau: Welche Erhebungsmethoden werden eingesetzt, um die Wirtschaftlichkeit der Bio-Direktvermarktung abzubilden?

Wirz: Auf der einen Seite werten wir die Landwirtschaftszählung 2020 und die Agrarstrukturerhebung 2023 aus, da es bisher keine direkten Auswertungen und Veröffentlichungen dazu in der veröffentlichten Statistik gab. Diese Auswertung dient in erster Linie zur Feststellung der genauen Anzahl von Direktvermarktungsbetriebe in Deutschland und deren Betriebszweige. Zusätzlich haben wir eine eigene Online-Umfrage gestartet, in der wir auch Umsatzgrößen insgesamt und für einzelne Produktgruppen abgefragt haben. Plus die erfassten betriebswirtschaftlichen Zahlen aus "KennDi" schaffen wir die Grundlage für die Berechnung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Bio-Direktvermarktung.

Oekolandbau: Welche ersten Erkenntnisse haben sich bereits im Projektverlauf ergeben?

Wirz: So zeigen die ersten Ergebnisse für 2023, dass wir insgesamt circa 33.000 direktvermarktende Betriebe haben, das sind etwa zwölf Prozent aller landwirtschaftliche Betriebe. Davon sind rund 7.600 Bio-Betriebe, das entspricht ungefähr 26 Prozent aller Bio-Betriebe, gegenüber circa neun Prozent der konventionellen Betriebe. Damit wird deutlich, dass die Bio-Direktvermarktung ein wichtiger Betriebszweig des Ökolandbaus ist.

Oekolandbau.de: Gibt es Pläne, die Erhebung langfristig als dauerhaftes Monitoring zu etablieren?

Wirz: Unser Ziel ist es, dass es für den Bio-Bereich ein langfristiges Monitoring sowohl was die Anzahl der direktvermarktenden Betriebe gibt als auch deren wirtschaftliche Bedeutung erfasst wird. Wir hoffen, dass diese Abfragen in die nächste ASE oder die Landwirtschaftszählung aufgenommen werden.

Autorin: Christine Rampold, AMI


Letzte Aktualisierung 11.06.2025

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