Oekolandbau.de: Ein zu geringes Angebot bietet ja eigentlich gute Voraussetzungen für die Verhandlungen mit dem Handel. Macht sich das in der Praxis bemerkbar?
Heinrich Rülfing: Der Markt ist aus Sicht der Erzeugerbetriebe in der Tat sehr entspannt. Die Ware ist knapp und gefragt. Deshalb sind die Erzeugerpreise auf einem guten Niveau und gleichzeitig sehr stabil. Üblich sind zurzeit sehr lange Lieferverträge über fünf bis zehn Jahre. Der besondere Vorteil dabei: Steigende Kosten für Energie, Futter oder Ferkel können von den Betrieben flexibel weitergegeben werden. Das akzeptieren die Abnehmer.
Oekolandbau.de: Seit der Corona-Pandemie haben Discounter und die großen Player im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) ihre Erlöse mit Bio-Schweinefleisch erhöht, während der Naturkostfachhandel im gleichen Umfang Einbußen verzeichnet. Hat das Auswirkungen auf die Erzeugerbetriebe?
Heinrich Rülfing: Der Naturkostfachhandel hat kleinere Strukturen und deutlich höhere Kosten als der klassische LEH. Das heißt, wir haben sehr große Abnehmer mit sehr professionellen Strukturen auf der einen Seite und die noch relativ klein strukturierten Bio-Schweinehalter. Die Situation ist vergleichbar mit dem konventionellen Bereich vor etwa 40 Jahren. Die Strukturen auf der Bio-Erzeugerseite passen sich derzeit an, die Betriebe werden größer. Zudem werden sie sehr gut gemanagt, Mast und Ferkelaufzucht sind auf einem sehr hohen fachlichen Niveau. Die Einsparpotenziale bei den Kosten sind weitgehend ausgeschöpft. Zudem sehen wir viele Innovationen in der Haltung und Fütterung, etwa im Bereich der Eiweißkomponenten, mit denen die Erzeugung weiter professionalisiert werden kann. Insgesamt sind die Betriebe durch das knappe Angebot in einer guten Position, trotz der deutlich größeren Strukturen auf Abnehmerseite. Einfach, weil unser Produkt sehr attraktiv ist, auch für die großen Player im LEH.
Oekolandbau.de: Ist es vor diesem Hintergrund dennoch sinnvoll für Betriebe, sich zu einer Erzeugergemeinschaft zusammenzuschließen?
Heinrich Rülfing: Dieser Schritt lohnt sich auf jeden Fall. Wobei es im Bio-Schweinesegment weniger darum geht, mit einer Erzeugergemeinschaft höhere Preise zu erzielen. Viel entscheidender ist es, dass Betriebe ihr Angebot bündeln, um auf ausreichend große Mengen zu kommen und die Strukturen auf Abnehmerseite noch besser und lückenlos bedienen zu können.