Bio-Wein im Check – Fakten und Trends

Bio-Wein im Check – Fakten und Trends

Mit der steigenden Bio-Rebfläche hat das Angebot an Bio-Weinen in Deutschland in den vergangenen Jahren zugenommen. Welche Entwicklungen und Trends zeichnen sich am Markt ab? Und wie können Winzerinnen und Winzer sowie Handelsunternehmen die Vorzüge von Bio-Wein vermarkten?

Bio-Wein liegt im Trend. Sowohl Anbau als auch Nachfrage sind in den zurückliegenden Jahren gestiegen. Auf der ProWein, der Internationalen Fachmesse für Weine und Spirituosen, wurde "Die Welt der Bio-Weine" als das Trendthema 2023 ausgerufen. Themen wie Umweltschutz, Klimawandel und nachhaltiger Lebensstil rücken vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit. Ein Jahr später spielten die sogenannten PIWIs, Rebsorten mit einer hohen Widerstandsfähigkeit gegen Pilzerkrankungen, als "Rebsorten der next Generation" eine zentrale Rolle auf der Fachmesse. Denn gerade im Bio-Weinbau ist und bleibt Pilzbefall durch Echten und Falschen Mehltau, besonders in regenintensiven und feuchten Jahren wie 2024, eine der größten Herausforderungen. Anders als konventionell arbeitende Winzerinnen und Winzern stehen den Bio-Winzerinnen und -Winzern nämlich nur eingeschränkt Pflanzenschutzmittel zur Verfügung. Leider reichen die bisher im Öko-Weinbau zugelassenen Pflanzenschutzmittel auf Kupferbasis inzwischen nicht mehr aus, um die Reben bei langanhaltenden Regenperioden ausreichend vor Falschem Mehltau zu schützen und die Existenz der Öko-Weinbaubetriebe zu sichern. Daher hat Deutschland bei der EU-Kommission kürzlich einen Antrag auf die Zulassung von Kaliumphosphonat als Pflanzenschutzmittel im ökologischen Weinbau eingereicht.

Die Abkürzung PIWI steht für "pilzwiderstandsfähige" Rebsorten. Das sind gezüchtete Rebsorten, die resistent gegen den Pilzbefall durch Echten und Falschen Mehltau sind und dadurch den Einsatz von chemischen Substanzen und Pflanzenschutzmitteln im Weinberg reduzieren. Sie entstehen aus der Kreuzung von der europäischen Spezies Vitis vinifera mit amerikanischen oder asiatischen Spezies. 2022 wurden in Deutschland laut Daten des Statistischen Bundesamtes auf 3.072 Hektar PIWI-Sorten angebaut, was einem Anteil von drei Prozent an der gesamten Rebfläche ausmachte. Zu den meistangebauten PIWIs zählen Regent, Cabernet Blanc, Souvignier Gris, Solaris und Johanniter.

Rosé- und Orangewein – Einige Trends bleiben am Markt

Dass Themen wie Nachhaltigkeit und PIWIs sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr weiterhin zu den zentralen Weintrends zählen, verwundert nicht weiter. Nachhaltigkeit zielt dabei nicht nur auf die Anbaumethode und den respektvollen Umgang mit der Natur ab, sondern spielt auch bei der Verpackung eine zentrale Rolle – Stichworte Leichtglasflaschen und Pfandsysteme.

Aber auch Deutschland mit seinen vielfältigen Weinregionen sowie neuen und traditionellen Sorten im Anbau steht klar im Trendfokus. Dem Riesling wird dabei großes Potenzial zugeschrieben, ebenso werden Weintourismus und Online-Verkostungen im Aufwind gesehen. Weine mit Charakter, die durch spezifische Anbau- und Herstellungsmethoden entstehen, rücken daneben verstärkt in den Vordergrund.

Neben den oben beschriebenen, aktuellen Trends können sich andere Entwicklungen schon seit einiger Zeit am Markt halten. Hierzu zählen:

  • Roséweine: Weltweit gesehen ist die Rosé-Produktion binnen 20 Jahren um ein Fünftel gestiegen, der Marktanteil liegt inzwischen bei acht Prozent.
  • Low Alcohol / No Alcohol: Alkoholfreie und leicht alkoholische Getränke wie entalkoholisierte Weine, Schaumweine und Fruchtweine oder Kombucha stehen weiterhin hoch in der Gunst der Kundschaft.
  • Orangeweine: Befinden sich noch in der Nische, sind aber zunehmend gefragt. Hierzu werden Weißweine mit Schale vergoren, wodurch nicht nur die charakteristische Farbe entsteht, sondern auch komplexe Geschmacksnoten.
  • Schaumweine: Während der Weinkonsum in Deutschland tendenziell abnimmt, zeigte sich der Schaumweinkonsum zuletzt stabil. Sekt, Prosecco, Crémant und Co. sind nach wie vor bei der Kundschaft gefragt.

Vorerst kein EU-Bio-Logo für alkoholfreie Bio-Weine

Seit dem 1. Januar 2023 dürfen alkoholfreie Bio-Weine in der EU nicht mehr mit dem EU-Bio-Logo verkauft werden, sondern lediglich als konventionelle, alkoholfreie Weine vermarktet werden. Infolge einer Anpassung des EU-Rechtsrahmens für die Herstellung von alkoholfreiem Wein und Schaumwein in das europäische Weinrecht wurde eine Anpassung der EU-Öko-Verordnung nicht berücksichtigt. Demnach ist die für die Entalkoholisierung benutzte Vakuumdestillation in der EU-Öko-Verordnung zwar für die Lebensmittelherstellung zugelassen, aber nicht für die Weinbereitung. So kann alkoholfreier Bio-Wein bis auf Weiteres nicht bio-zertifiziert werden. Laut einer Stellungnahme des Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V. (BNN) können sich die Verbraucherinnen und Verbraucher aber sicher sein, dass im Bio-Fachhandel angebotene alkoholfreie Bio-Weine nach Bio-Richtlinien erzeugt werden.

Laut OIV (Organisation Internationale de la Vigne et du Vin) werden weltweit fast eine halbe Million Reben nach ökologischen Richtlinien bewirtschaftet. An der weltweiten Rebfläche entspricht dies einem Anteil von sechs Prozent. Rund drei Viertel der Bio-Rebfläche entfallen dabei auf die großen Drei – Spanien, Italien und Frankreich. Zwar hat Spanien flächenmäßig die Führungsposition inne, bezogen auf den Bio-Anteil an der gesamten Rebfläche liegt Italien mit 15 Prozent knapp vor Frankreich und Österreich mit jeweils 14 Prozent. Tendenziell wurde die Bio-Rebfläche in den EU-Mitgliedsstaaten in den zurückliegenden Jahren ausgeweitet, wobei sich die Anbaufläche zuletzt auf hohem Niveau stabilisiert hat. In Deutschland hat sich die Bio-Rebfläche binnen zehn Jahren verdoppelt.

Laut AMI-Strukturdaten basierend auf den Angaben der Öko-Kontrollstellen, hat sich die Bio-Rebfläche in Deutschland seit 2001 sehr dynamisch entwickelt und nahezu jährlich einen Höchststand erreicht. 2023 wird eine Bio-Rebfläche von gut 15.300 Hektar ausgewiesen, was einem Bio-Anteil von knapp 15 Prozent an der gesamten Rebfläche in Deutschland entspricht. Laut des Wein-Erntebericht 2024 des Branchenverbands ECOVIN stellten Spätfröste, starker Regen und Pilzerkrankungen wie Falscher Mehltau die Bio-Winzerinnen und -Winzer in diesem Jahr vor vielfältige Herausforderungen. Vielerorts wird von Ernteausfällen berichtet. Dennoch fiel die Qualität der Bio-Reben gut aus. "Der Jahrgang 2024 wird von frischen, leichten und lebendigen Weinen geprägt sein, die den aktuellen Verbrauchertrends entsprechen", heißt es. Zur Strategie des nachhaltigen Weinbaus in Deutschland zählen Züchtung und Anbau neuer Rebsorten, allen voran von pilzwiderstandsfähigen Sorten (PIWIs).

Laut der Agrarstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes bauten im Jahr 2023 insgesamt 1.010 Betriebe mit mindestens 0,5 Hektar Rebfläche auf 12.300 Hektar Bio-Wein in Deutschland an. Die meisten Bio-Rebflächen hält, parallel zu Gesamtfläche, Rheinland-Pfalz. Dort wurden zuletzt auf rund 8.500 Hektar Bio-Reben kultiviert. Damit stellt das Bundesland anteilig 69 Prozent an der gesamten Öko-Rebfläche in der Bundesrepublik. Von den 13 Weinbaugebieten in Deutschland befinden sich allein sechs, und damit gut die Hälfte, in Rheinland-Pfalz. Hierzu zählen Ahr, Mittelrhein, Mosel, Nahe, Rheinhessen und Pfalz. Knapp drei Viertel an der gesamten bestockten Rebfläche in Rheinland-Pfalz stellen Weißweinrebsorten, allen voran die Sorten Weißer Riesling, Müller-Thurgau und Ruländer. Bei den Rotweinrebsorten liegen Dornfelder, Blauer Spätburgunder und Blauer Portugieser im Anbau vorne. Während an der Ahr überwiegend Rotweinrebsorten kultiviert werden, dominieren in den anderen fünf Weinbaugebieten in Rheinland-Pfalz Weißweinrebsorten. Die Winzerinnen und Winzer in Deutschland produzierten 2023 insgesamt 8,7 Millionen Hektoliter Weinmost. Laut vorläufiger Schätzungen wird im Jahr 2024 eine Erntemenge von knapp 8,3 Millionen Hektoliter Weinmost erwartet, das wären fünf Prozent weniger als im Vorjahr.

Vorzüge von Bio-Wein besser vermarkten

Eine BÖL-Studie der Hochschule Geisenheim hat sich bereits im Jahr 2020 mit der Vermarktung von Bio-Weinen beschäftigt. Demnach rentiert es sich, bei der Vermarktung von Bio-Weinen gezielt Frauen und die jüngere Konsumentengruppe anzusprechen, die sich in Befragungen offener gegenüber dem Thema Bio-Wein gezeigt haben. Bio-Winzerinnen und -Winzer, die ihre Produkte direkt vermarkten, sollten erklären, was das Besondere an Bio-Weinen ist und wie sie produziert werden. Hierzu bieten sich

  • Weinbergsführungen,
  • erklärende Schilder in den Rebflächen und
  • die direkte Kommunikation über Social Media an.

Denn je mehr die Kundschaft über Bio-Weine weiß, desto größer fällt deren Kaufbereitschaft aus. Nur wenigen Konsumentinnen und Konsumenten ist zum Beispiel bewusst, dass die Bio-Weinproduktion mit deutlich mehr Arbeit im Weinberg und geringeren Erträgen verbunden ist. Daher sind Bio-Weine teurer als Weine aus der konventionellen Erzeugung.

Qualität, Geschmack und Preis der Produkte entscheiden im Handel, ob Händlerinnen und Händler Bio-Weine in ihr Portfolio aufnehmen. Laut Studie wird das Angebot an Bio-Weinen im (Bio-)Handel bislang eher von ausländischen Weinen als von Bio-Weinen aus Deutschland dominiert. Einen positiven Einfluss auf die Kaufentscheidung haben zudem persönliche Empfehlungen, so ein Ergebnis der Studie. Es lohnt sich also, Verkostungen im Laden anzubieten und die Kundschaft über die Vorzüge von Bio-Weinen aufzuklären.

Gut zu wissen: Interessiertes Verkaufspersonal kann sich an der Deutschen Wein- und Sommelierschule (DWS) zum Fachsommelier beziehungsweise zur Fachsommeliére Biologischer Weinbau (IHK) weiterbilden lassen.

"Unser Fokus bei oberen Qualitätsstufen liegt auf deutschen Bio-Weinen"

Mechthild Hüneborn, Leitung Category Management und Einkauf bei der SuperBioMarkt AG, steht der Redaktion Ökolandbau.de als Wein- und Käseexpertin Rede und Antwort zu aktuellen Entwicklungen und Trends am Markt für Bio-Wein.

Oekolandbau.de: Welche Konsumtrends haben sich in den vergangenen Jahren bei Bio-Weinen abgezeichnet?

Mechthild Hüneborn: PIWI-Weine erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und haben auch deutlich an Qualität gewonnen. Sie sind längst kein Randsortiment mehr, sondern gehören neben den klassischen Rebsorten zu den Lieblingen in unseren Weinabteilungen.

Rotwein ist nicht mehr die unangefochtene Nummer eins. Sowohl der Rosé-Trend der vergangenen drei bis fünf Jahre als auch die Beliebtheit von Weißwein hat ihm diesen Rang streitig gemacht. Auf der einen Seite spüren wir eine gestiegene Nachfrage nach Preiseinstiegsweinen, ebenso wie eine erhöhte Nachfrage nach hohen Qualitäten – nicht zuletzt nach VDP-Weinen. Diesen räumen wir einen eigenen kleinen Bereich in unseren Abteilungen ein.

Ebenfalls steigender Nachfrage erfreut sich der Bereich der Schaumweine, bei uns konkret in Form von echtem, hochwertigem deutschem Sekt. Es gibt mit dem "Korkenknallen" eine hervorragende Flaschengärung von der Mosel in unserem Sortiment, die sich zu einem absoluten Topseller entwickelt hat. Auch hier zeigt sich also ein Griff zur Qualität vor dem Preiseinstieg, was uns für unsere Winzerinnen und Winzer sehr freut.

Bei uns im Naturkostfachhandel kristallisierte sich schon vor langem das Handeln von Wein in Pfandflaschen zum Alleinstellungsmerkmal, so dass wir selbstverständlich auch die neue 0,75 Liter-Mehrwegflasche handeln und uns sehr freuen, dass wir damit einen ökologischen Meilenstein begleiten dürfen.

Oekolandbau.de: Sind Bio-Weine aus Deutschland bei der Kundschaft gefragt oder eher aus dem Ausland?

Mechthild Hüneborn: Deutsche Weine sind bei unserer Kundschaft sehr beliebt. Aber selbstverständlich sind, wie im gesamten Weinmarkt, auch bei uns die spanischen Weine aufgrund ihrer günstigen Preise ebenfalls sehr gefragt. Bei den oberen Qualitätsstufen setzen wir allerdings bewusst einen deutlichen Fokus auf deutsche Weine. Zum einen steht dies für unsere allgemeine Ausrichtung auf regional vor überregional und das leben wir nicht nur bei Obst, Gemüse oder Fleisch, sondern in allen Sortimenten. Dies entspricht klar dem Verhalten der Kundschaft, was sich besonders bei der Nachfrage nach Übersee-Weinen zeigt, die es auch in herausragenden Bio-Qualitäten gibt. Obwohl wir diese Weine selbstverständlich ausschließlich auf dem Wasserwege beziehen und sehr deutlich an unsere Kundinnen und Kunden kommunizieren, sind diese Weine ein absoluter Ergänzungsbereich unseres Weinsortimentes.

Oekolandbau.de: In Zeiten sinkenden Alkoholkonsums sind alkoholfreie Alternativen im Sortiment gefragt. Wie sehen Sie künftig die Absatzchancen von alkoholfreiem Sekt, Fruchtwein und Co. im Bio-Qualität?

Mechthild Hüneborn: Wir führen schon seit vielen Jahren alkoholfreie "Prickelgetränke" in unserem Sortiment, die häufig auf der Basis von Äpfeln produziert werden. Dies ist schon sehr lange ein wichtiger Bereich in unserem Sortiment. Dennoch hat auch bei uns die Nachfrage nach alkoholfreien Produkten zugenommen, allerdings auf geringerem Niveau, als dies im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel zu beobachten ist. Viele unserer Kundinnen und Kunden greifen als Alternative sehr gerne zu unseren aromatischen Traubensäften. Auch das Angebot an alkoholfreien Spirituosen ist bei uns sehr viel kleiner. Das ist vor allem dadurch zu begründen, dass es herausfordernder ist, ohne künstliche Aromen Produkte herzustellen, die ihren alkoholhaltigen Vorbildern geschmacklich ähneln. Anders als wir anfangs erwartet hatten, hat der Zero-Trend die Nachfrage nach alkoholreduzierten Weinen kaum beflügelt. Es geht den meisten Kunden tatsächlich um das Thema 'zero' Alkohol.

Autorin: Birgit Rogge


Letzte Aktualisierung 18.12.2024

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