Oekolandbau.de: Warum sollte man in Deutschland wieder mehr Walnüsse anbauen?
Böllersen: Weil Bedarf da ist. Der Walnusskonsum steigt seit Jahren in Deutschland. Und der Markt sucht vor allem nach regionaler Ware. Walnüsse sind deutsches Kulturgut und lange in unserem Brauchtum verankert. Das bietet Potenzial.
Oekolandbau.de: Aber lässt sich denn mit Walnüssen Geld verdienen? Kann heimische Ware mit den Preisen und Qualitäten aus dem Ausland mithalten?
Böllersen: Preislich leider nein. Das ist fast unmöglich. Denn die großen Exportnationen USA, Frankreich oder die Republik Moldau haben ein weitaus höheres Know-how, über Jahrzehnte getestete und optimierte Produktionsverfahren sowie ein breites Netzwerk aus Forschung, Produktion und Handel, das alle Synergien voll ausnutzt und somit viele Kosten spart.
Die Qualitäten allerdings können wir mit dem heimischen Angebot toppen: Die langen Lieferwege, Schutzbegasung und "Hochleistungssorten" machen die Nüsse aus dem Ausland viel zu oft ungenießbar, oder zu mindestens widerstehlich. Besonders bei den geknackten Kernen kann man da mit deutscher Ware punkten, denn das Aroma ist deutlich besser von frisch geknackten Nüssen und auch die Konsistenz des Kerns macht bei den hier angebauten Sorten oft mehr her. Außerdem hat der regionale Anbau in Sachen Umwelt- und Klimaschutz die Nase weit vorn. Ganz wichtig ist es also, den Kundinnen und Kunden das Alleinstellungsmerkmal "Walnüsse aus der Region" dick aufs Brot zu schmieren.
Chancenprogramm Höfe fördert heimische Proteinproduktion und nachhaltige Landwirtschaft
Mit dem Beschluss des Bundeshaushalts 2024 wird im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft das "Chancenprogramm Höfe" mit 30 Millionen Euro ausgestattet. Ziel des neuen Programms ist die heimische Proteinproduktion zu fördern sowie Landwirtinnen und Landwirte zu unterstützen, die von der Tierhaltung auf die Produktion und Verarbeitung innovativer Eiweiß- und klimafreundlicher Lebensmittel (z.B. Nüssen, Algen, Hülsenfrüchte, Pilze) umstellen wollen. In einer ersten Bekanntmachung können Anträge zur Förderung von Forschung und Wissensverbreitung bis zum 15. November 2024 gestellt werden.
Mehr Informationen zum Chancenprogramm Höfe
Oekolandbau.de: Welche Gründe sprechen für den ökologischen Anbau von Walnüssen?
Böllersen: Die Nachfrage nach regional und ökologisch erzeugten Walnüssen ist, wie gesagt hoch. Es gibt derzeit aber kaum ein Angebot. Der Öko-Anbau ist bei dieser robusten Kultur verhältnismäßig einfach umzusetzen. Und da Öko-Kundinnen und -Kunden schon eher mal den Preis außen vor lassen, wenn sie von einer Sache überzeugt sind und die Ambitionen dahinter transparent und sinnvoll erscheinen, findet man hier auch eine kaufkräftige Klientel.
Oekolandbau.de: Sollte man direktvermarkten? Oder macht auch die Produktion für den Großhandel Sinn?
Böllersen: Direktvermarktung ist bei dem Thema am schönsten, weil sich die Leute ehrlich freuen, dass sich jemand mit dieser alten Kulturart in Deutschland beschäftigt und weil man kleine Qualitätsfehler oder Missernten gut kommunizieren kann. Der nötige Idealismus wird vor allem durch positive Rückmeldungen honoriert, aber es werden auch gute Preise bezahlt, wenn die Qualität stimmt. Dank der bewussten Nachfrage der Kundschaft gibt es inzwischen aber auch viel Interesse vom Großhandel und von verarbeitenden Betrieben. Auch sie wollen möglichst regional einkaufen. Strukturen für Verarbeitung und Vermarktung fehlen in diesem Bereich aber noch völlig. Es ist ein großes "Learning by doing" und der Wissensaustausch wird derzeit nur von privaten Initiativen getragen. Es gibt kaum öffentliche Gelder für dieses Feld und somit auch keine Forschung. Es hat ja auch keine wirtschaftliche Relevanz – zumindest bisher.