Ernährungstrends im Check – Worauf setzt der Handel?

Ernährungstrends im Check – Worauf setzt der Handel?

Pflanzenbasierte Ernährung, nachhaltige Lebensmittel und gesunde Alternativen: Der Trendreport 2023 zeigt, wohin die Reise geht. Klimafreundliche Ernährung und Flexitarismus stehen im Fokus, auch gesundes Convenience Food und alkoholfreie Getränke boomen. Der Handel reagiert mit neuen Angeboten und Produktinnovationen auf die steigende Nachfrage.

Pflanzenbasiert, gesund, nachhaltig: Das sind die Aspekte, die für die aktuellen Ernährungstrends von Bedeutung sind. Im Trendreport Ernährung 2023, den das Netzwerk Nutrition Hub gemeinsam mit dem Bundeszentrum für Ernährung (BzfE) erstellt hat, kristallisierten sich insgesamt zehn wichtige Trends heraus.

Die wichtigste Entwicklung sehen die Expertinnen und Experten in der klimafreundlichen und nachhaltigen Ernährung. Eine klimafreundliche Ernährung, welche den Fokus auf nachhaltige, meist pflanzliche Lebensmittel setzt, und eine Reduzierung des Fleischkonsums sind für viele Menschen ein wichtiges Ziel geworden.

Dieser Trend geht mit einer Zunahme des Flexitarismus in der Gesellschaft einher. Jeden Tag Fleisch und Wurstwaren zu verzehren, ist für viele Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der Klimakrise und des Tierwohls nicht mehr zeitgemäß. Gleichzeitig empfinden vielen Menschen die Umstellung zu einer rein vegetarischen oder veganen Ernährung als zu radikal.

Dies zeigt auch der Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aus dem Jahr 2023: Der Anteil der Befragten, die täglich Fleisch- und Wurstwaren verzehren, sank von 34 Prozent im Jahr 2015 auf 20 Prozent im Jahr 2023. Gleichzeitig steigt der Anteil der Personen, die täglich vegetarische und/oder vegane Alternativen zu tierischen Produkten wählen. 2020 lag er bei fünf Prozent, 2023 bereits bei zehn Prozent.

Meal Prepping erlebt Comeback

Auch Convenience Food und gesundes Essen-to-go liegen im Trend. Die Konsumentinnen und Konsumenten möchten sich im Arbeitsalltag ebenfalls gut und gesund ernähren. Der Handel hat sich auf die veränderten Kundenbedürfnisse eingestellt und bietet vermehrt Bowls, Salate, geschnittenes Obst oder Suppen an. Eine Renaissance erlebt außerdem das "Meal Prepping", also das Vorkochen gesunder Gerichte für Büro oder Home-Office.

Der Ernährung für den Darm kommt ebenfalls eine zunehmende Bedeutung zu. Dieser wird als wichtige Einflussgröße für Gesundheit und Wohlbefinden und im Zusammenhang mit der körperlichen Leistungsfähigkeit wahrgenommen. Verbraucherinnen und Verbraucher schauen beim Einkauf gezielt nach Produkten, die ein gesundes Mikrobiom unterstützen. Der Handel reagiert darauf mit einer größeren Auswahl an fermentierten Produkten, wie Kimchi, das aus Chinakohl, Frühlingszwiebeln und Rettich hergestellt wird oder Kombucha, ein fermentiertes Getränk auf Basis von gesüßtem Tee.

Alkoholfreie Biere, Weine und Schnäpse werden beliebter. Besonders bei jungen Menschen wird Alkohol zunehmend als gesundheitsschädlich wahrgenommen. Alkoholfreier Genuss rückt weiter in den Fokus. Im Lebensmitteleinzelhandel werden neben alkoholfreien Bieren zunehmend auch Weine ohne Alkohol angeboten. Viele Produzentinnen und Produzenten befassen sich intensiv damit, alkoholfreie Alternativprodukte ebenso geschmacklich ansprechend zu kreieren wie das alkoholhaltige Pendant. Auf der BIOFACH 2024 wurde dies als ein Branchentrend identifiziert und unter dem Motto "Clear-Headed Joy" stellten viele Unternehmen ihre Produktneuheiten vor.

Weitere Ernährungstrends sehen die Expertinnen und Experten im aktuellen Trendreport Ernährung 2023 bei den Themen digitaler Ernährungstherapie, personalisierter Ernährung, ein stärkeres Bewusstsein für eine gesündere Ernährung sowie eine achtsame und vegane Ernährung.

Auf welche Ernährungstrends setzt der Handel?

Vor allem der steigenden Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher nach pflanzlichen Produkten begegnet der Handel durch ein breiter werdendes Sortiment in den Filialen. In Berlin eröffnete REWE kürzlich einen der ersten veganen Supermärkte Deutschlands. Diese Filiale hat sich auf die Vermarktung von rein pflanzlichen Produkten spezialisiert und bietet eine breite Palette an Lebensmitteln an, von frischem Obst und Gemüse bis hin zu veganen Ersatzprodukten wie pflanzlichen Milchalternativen, Fleischersatz und veganen Backwaren.

Isabell Kroll, Projektmanagerin REWE voll pflanzlich in der Abteilung Projekte und Strategie REWE Ost, gibt Einblicke:

Oekolandbau.de: Was hat REWE dazu veranlasst, einen voll pflanzlichen Supermarkt in Berlin zu eröffnen?

Isabell Kroll: REWE wurde in der Vergangenheit mehrfach als Vegan-Vorreiter im Lebensmittelhandel ausgezeichnet, auch der starke Zuspruch unserer Kundschaft hat uns im Vorfeld Mut gemacht. Wir versprechen uns in erster Linie Lerneffekte für unsere klassischen Supermärkte. Zudem haben wir in dem Vegan-Markt die Chance, noch mehr neuen Produkten und Marken den Weg ins Supermarktregal zu ebnen. In den gängigen REWE-Märkten umfasst das Sortiment bis zu 1.400 vegane Artikel und ist in den vergangenen Jahren auch aufgrund der großen Nachfrage stark gewachsen. Im ersten REWE voll pflanzlich gibt es doppelt so viele Produkte wie im üblichen Sortiment.

Oekolandbau.de: Wie haben die Kundinnen und Kunden bisher auf das rein pflanzliche Sortiment reagiert?

Isabell Kroll: Viele Kundinnen und Kunden zeigen sich überrascht von der Bandbreite und Fülle der pflanzlichen Produkte. Insbesondere unsere vegan lebende Kundschaft schätzen es sehr, nicht mehr jeden Artikel prüfen zu müssen – im REWE voll pflanzlich können sie sicher in jedes Regal greifen. Am beliebtesten sind die Sortimente gekühlte Frische sowie Obst und Gemüse. Besonders gut entwickeln sich auch die vom Marktteam eigenproduzierten Produkte wie Snackbrötchen und Frischcremes. Auch aus der Backwelt mit Brot, Brötchen und süßen sowie herzhaften Teilchen bedienen sich immer mehr Kundinnen und Kunden. Zu den stärksten Artikeln im Markt insgesamt zählen die Schokocroissants und Franzbrötchen.

Oekolandbau.de: Auf welche weitere Ernährungstrends reagieren Sie in den REWE-Filialen, um den Ansprüchen der Kunden zu entsprechen?

Isabell Kroll: Dynamisch entwickeln sich neben rein pflanzlichen Produkten weiterhin auch regionale und Bio-Lebensmittel. REWE arbeitet mit tausenden regionalen und lokalen Betrieben zusammen und bietet das größte Regional-Angebot. Damit stärken wir regionale Strukturen, halten Transportwege möglichst kurz und sind verlässlicher Partner der deutschen Landwirtschaft. Nach wie vor legen die Kundinnen und Kunden großen Wert auf ökologisch erzeugte Lebensmittel. REWE bietet bereits seit Ende der 1980er-Jahre Bio-Lebensmittel auch unter einer Eigenmarke an und gehört damit zu den Pionieren. Zu den weiteren Ernährungstrends gehört auch die weiterhin zunehmende Nachfrage nach Convenience. Verzehrfertige Getränke, Snacks und Mahlzeiten bietet REWE unter anderem in seinen Salatbars, Bistros und Sushibars. Ergänzt um die zahlreichen Convenience-Artikel in den Truhen wie frische Salate und Wraps.

Biovegan setzt auf pflanzliche Produktneuheiten

Neben dem Trend "Clear-Headed Joy" wurden auf der BIOFACH 2024 weitere Produkttrends wie "Sweet Soulfood", "Transparency", "Mushroom Mania" identifiziert und innovative Neuprodukte prämiert. Der Hersteller BIOVEGAN wurde unter anderen für seinen veganen Speckersatz ausgezeichnet und fasst damit den Trend zur pflanzlichen Ernährung auf. Biovegan stand der Redaktion von Oekolandbau.de zur Verfügung, um einen kurzen Einblick in die Perspektive eines Herstellers auf aktuelle Ernährungstrends zu geben.

Oekolandbau.de: Wie ist die Resonanz der Kundschaft auf den veganen Speckersatz?

Karsten Lindlein: Die Resonanz auf unseren veganen Speckersatz ist äußerst positiv. Besonders hervorgehoben wird der authentische Geschmack und intensive Geruch, der einzig und allein durch die geräucherten Shiitake Pilze entsteht. Unsere Kundinnen und Kunden schätzen sehr, dass der Speckersatz völlig auf Zusatzstoffe wie Aromen, Bindemittel und Konservierungsstoffe verzichtet und lange ungekühlt haltbar ist. Die Erfahrung zeigt, dass wir mit dieser Alternative nicht nur vegan lebende, sondern auch flexitarisch lebende Konsumentinnen und Konsumenten überzeugen können.

Oekolandbau.de: Regionalität ist neben der pflanzlichen Ernährung ein weiterer großer Ernährungstrend. Worauf achten Sie bei der Auswahl der Rohstoffe?

Karsten Lindlein: Transparenz und Nachhaltigkeit spielen bei der Auswahl unserer Rohstoffe eine zentrale Rolle. Außerdem verwenden wir ausschließlich Rohstoffe aus biologischer Landwirtschaft. Bei Biovegan achten wir bei der Beschaffung, Produktion und Logistik sämtlicher Rohstoffe und Produkte darauf, so viele Emissionen wie möglich zu vermeiden oder zu reduzieren.

Oekolandbau.de: Welche Entwicklungen zeichnen sich am Markt für pflanzliche Alternativprodukte ab?

Karsten Lindlein: Erstmalig hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung das Thema "Planetary Health Diet" in ihre Ernährungsempfehlungen aufgenommen. Es ist also davon auszugehen, dass pflanzliche Ernährung auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Auch große konventionelle Hersteller wie Ferrero reagieren auf diesen Trend und erweitern ihr Sortiment bereits entsprechend. Wir stellen dabei fest, dass unsere Kundschaft natürliche und unverfälschte Produkte bevorzugt, die nur aus wenigen, aber dafür hochwertigen Zutaten bestehen. Verbraucherinnen und Verbraucher suchen zunehmend nach Ersatzprodukten, die nicht nur geschmacklich überzeugen, sondern auch ohne künstliche Zusätze auskommen. Das wachsende Gesundheitsbewusstsein treibt die Nachfrage nach authentischen, clean-label Produkten weiter voran.

Text: Laura Riegert, AMI


Letzte Aktualisierung 28.10.2024

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