Dr. Daniela Werner vom Thünen-Institut für Ökologischen Landbau berichtete in ihrem Beitrag über das Potenzial feinsamiger Leguminosen wie Luzerne und Rotklee für die Eiweißversorgung. Beide Pflanzen haben laut Werner hohe Gehalte an den gewünschten Aminosäuren Lysin und Methionin. Vor allem in der Schweinehaltung seien sie als Futterkomponenten in Form von Silage oder Trockenfutter gut geeignet, um Kraftfutter einzusparen. Bei Geflügel sei der Einsatz von Luzerne dagegen schwieriger, da die relativ hohen Saponingehalte Probleme bereiten können. Für die Eiweißversorgung von Jungtieren seien feinsamige Leguminosen deshalb auch keine Lösung.
Dr. Hanna Philippi von der Universität Hohenheim stellte aktuelle Ansätze zur Herstellung von Proteinkonzentraten vor, die als hochwertige Eiweißergänzung genutzt werden könnten. So ziele etwa ein aktuelles BÖL-Projekt der Universität Hohenheim darauf ab, einen Eiweißextrakt aus Grünlandaufwuchs herzustellen. Damit könnte die in Gräsern enthaltene Proteine auch für Monogastrier verfügbar gemacht werden. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich derzeit mit der Herstellung von Rapskernkonzentrat mit Eiweißgehalten von über 50 Prozent, das deutlich weniger antinutritive Stoffe als Extraktionsschrot aus Raps enthält.
Landen künftig Algen und Insekten in den Futtertrögen?
Ob Algen zukünftig Teil einer optimierten Eiweißversorgung sein könnten, skizzierte Professor Gerhard Bellof von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf anhand eines aktuellen Forschungsprojektes. Algenarten wie Spirulina haben laut Bellof relativ gute Eiweißgehalte mit einer mittleren Verdaulichkeit für Ferkel und Junggeflügel. Die Zufütterung von Algen in der Broilermast mit Anteilen von bis zu fünf Prozent führte zu höheren Futteraufnahmen und Endgewichten.
"Bei Schweinen waren die Versuchsergebnisse dagegen insgesamt ernüchternd", sagte Bellof. So seien Tageszunahmen bei Algenanteilen von bis zu zehn Prozent zurückgegangen, vermutlich aufgrund einer verringerten Proteinverdaulichkeit. Insgesamt könnten die betrachteten Algenarten laut Bellof hochwertige Eiweißfuttermittel wie Kartoffeleiweiß nicht ersetzen. Zudem seien Algen teuer und nicht wirtschaftlich einsetzbar.
Vielversprechender erscheint derzeit das Potenzial von Insekteneiweiß, wie Laura Schneider von der Technischen Hochschule Bingen berichtete. Nach Einschätzung der Expertin zeigten Fütterungsstudien mit Mehl aus Larven der Soldatenfliege gute Ergebnisse. Bei Anteilen von fünf bis zehn Prozent in der Ration als Ersatz für Sojaschrot förderte das Larvenmehl die Darmgesundheit bei Schweinen und Geflügel, stimulierte die Futteraufnahme und verbesserte bei Masthähnchen die Futterverwertung.
Als wichtigen Vorteil nannte Schneider zudem die Möglichkeit der sinnvollen Verwertung von Abfallprodukten wie Schimmelgetreide oder verdorbener Silage, die problemlos für die Aufzucht der Insekten genutzt werden können. Die Aufzucht auf dem eigenen Betrieb könne so zur Optimierung der Wertschöpfungskette beitragen.
Professor Wilhelm Pflanz von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf sprach in seinem Beitrag über das Für und Wider mikrobiell erzeugter Aminosäuren als Futterergänzung im Ökolandbau. Aufgrund zu geringer Gehalte an essenziellen Aminosäuren wie Methionin würden Rationen häufig über die Mengen optimiert, was zu Überhängen bei Rohprotein führe. Der überschüssige Stickstoff werde unter anderem in klimaschädliche Gase wie Methan umgewandelt. Das ließe sich laut Pflanz vermeiden, wenn wie im konventionellen Bereich einzelne essenzielle Aminosäuren gezielt ergänzt würden.
Das widerspricht jedoch der aktuellen EU-Öko-Verordnung, die den Einsatz synthetisch hergestellter Aminosäuren durch gentechnisch veränderte Organismen (GVO) verbietet. Zudem verbieten einige Bio-Verbände auch den Zusatz isolierter Aminosäuren. Pflanz hält es für notwendig, hier einen Abwägungsprozess für den Ökolandbau anzustoßen. "Die Zulassung synthetisch hergestellter Aminosäuren wäre ein Paradigmenwechsel, aber machbar", sagt der Fachmann. Entscheidend sei, dass eine Synthese ohne GVO sichergestellt ist. Als geeignetes Verfahren sieht er dafür zum Beispiel die Fermentation.